Gisela Desuki arbeitet in den Bereichen Fotografie, Video, Objekt und Installation, wobei die Grenzen oft fließend sind. Ihr zentrales Thema ist der Mensch in seiner Einsamkeit und Verletzlichkeit, auf seinem Weg, auf der Suche nach Antworten auf die existenziellen Grundfragen: Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich? Diesen Fragen spürt sie mit Hilfe verschiedener Ansätze und Techniken nach. Transparenz und Licht, aber auch Dunkelheit spielen in ihren Arbeiten eine wesentliche Rolle.
Die Künstlerin hat sich bisher von den unterschiedlichsten Materialien und Dingen inspirieren lassen, wie z.B. Einmalhandschuhen, Mülltüten, Luftballons, Verpackungen, einer Akupunktur-Lehrpuppe oder einem alten Röntgenbildbetrachter. Sie experimentiert mit den Materialien und Dingen, zuerst spielerisch, dann immer zielgerichteter, nimmt sie aus ihrem normalen Kontext heraus, zweckentfremdet sie und schafft daraus etwas Anderes, ganz Neues. So durchbricht sie gewohnte Denkmuster und erzeugt neue Assoziationen.
Für das Ausstellungsprojekt „AUSGEBADET“ hat sie 2019 die Lichtinstallation Deep Sea konzipiert und in drei abgedunkelten Kabinen des Alten Volksbads Mannheim künstliche Unterwasserwelten geschaffen. Die Installation aus Plastikmaterialien greift Themen wie die Verseuchung der Meere durch Plastikmüll und die globale Klimaerwärmung auf, die u.a. zu Korallensterben und Quallenplagen führen. Wird es dem Menschen gelingen, die Zerstörung der Umwelt aufzuhalten oder bleiben ihm in ferner Zukunft nur noch künstliche Welten?
Ausgangspunkt für die Multimedia-Installation Interna ist ein alter, ausgedienter Röntgenbildbetrachter der der Arbeitsweise der Künstlerin insgesamt neue, wichtige Impulse gab. Die Installation besteht aus ein bis zwei Monitoren, einem Leuchtkasten und dem Röntgenbildbetrachter. Hier trifft Fotografie auf Videokunst. Ein auf Folie gedrucktes Frauenporträt wird mit einfacher, analoger Technik durchleuchtet, verfremdet, überlagert oder aufgelöst.
In kurzen filmischen Sequenzen werden Innenwelten visualisiert und Geschichten erzählt, die alle um das Sein kreisen, Geschichten von Leben und Tod. Die Videoinstallation ist variabel und wurde je nach Ausstellungsort den Gegebenheiten angepasst und verändert.
Im Rahmen des Ausstellungsprojekts „Radiale – Kunst im Kreis“ von 2021 hat die Künstlerin Interna III in Form eines Triptychons – ähnlich einem dreiflügeligen Altar mit leicht schrägen Flügeln – in einem abgedunkelten Raum aufgebaut, was der Arbeit einen sakralen, ruhigen Charakter verlieh und die melancholische Grundstimmung unterstrich. Die Flügel auf beiden Seiten des ruhigen Mittelteils zeigen bewegte Bilder. Im Loop abgespielt ergeben die beiden unterschiedlich langen Videos rechts und links zusammen immer wieder neue Konstellationen, so dass die Gesamtwirkung der Installation in ständigem Wandel ist.
Im Schaufenster der GEDOK-Galerie in Heidelberg nebeneinander aufgereiht, entfaltete Interna IV (2022/23) wiederum eine ganz andere Wirkung. Die Installation war nur von außen sichtbar, von innen sah man nur die Rückseite der Geräte. Bei Dunkelheit jedoch ergab sich ein interessanter Effekt: Die Gesichter wurden als surreale Spiegelung innen an der Schaufensterscheibe sichtbar.
Die Videoinstallation Dolorosa nimmt im Rahmen des Ausstellungsprojekts „CONVERSION – Kunst in St. Ludwig“ die sakrale Atmosphäre des Raums auf, die die ehemalige Kirche nach der Entweihung weiterhin ausstrahlt. In einer Mariennische platziert, greift sie das Thema mystischer Marienerscheinungen auf und visualisiert das Transzendentale in der Religion.
Die zufällige Wahrnehmung von Schattenspielen im Keller waren Auslöser für die Videoarbeit Nocturnes. Die Künstlerin hat die Schwarz-Weiß-Fotografie eines Frauenporträts auf den Kellerboden gelegt und jeden Tag zur gleichen Zeit gefilmt, wie das Sonnenlicht durch das Kellerfenster auf das Foto fällt und die Schatten von Blättern und Zweigen über das Gesicht wandern, es zum Leben erwecken und eine magische Atmosphäre zwischen Traum und Wirklichkeit schaffen.
Je nach Wetterlage wechseln sich dabei lebhafte Sequenzen mit ruhigen, meditativen Phasen ab.
Photo Graphic Novels lautet der Titel einer Werkgruppe, deren Ausgangspunkt eine Akupunktur-Puppe ist. Durch die Perspektive, die Beleuchtung und Positionierung der Figur wirkt diese lebendig und wird zum Spiegel menschlicher Emotionen.
Beim Fotografieren experimentiert die Künstlerin mit Transparenz, Licht und Dunkelheit sowie Spiegelungen und schafft so mit Hilfe weniger Requisiten künstliche Welten, die den wechselnden Kontext für die Puppe bilden.
Einzeln genommen oder auch als Serie erzählen die ruhigen Bilder Geschichten über unsere Existenz hier auf der Erde und im Universum.
Gleichzeitig entwerfen diese Geschichten rund um die Puppe mit den menschlichen Zügen ein mögliches Zukunftsszenario: Was wird aus dem Lebewesen Mensch werden in Zeiten von Genmanipulation, humanoiden Robotern und KI? Wie verändert sich sein Lebensraum?
Aktuell arbeitet Gisela Desuki an einer neuen Werkgruppe mit dem Titel Genesis. Nachdem sie sich in ihren Arbeiten mehrfach mit dem Thema Vergänglichkeit und Tod auseinandergesetzt hat, wendet sie sich nun den Anfängen des Lebens zu, dem Werden, bis hin zu künstlicher Erzeugung von Leben im Labor. Schwarze Mörtelwannen werden zu Leuchtkästen, in denen unterschiedliche Materialien und Dinge des Alltags durchleuchtet werden und so als etwas ganz Anderes erscheinen. Die Dinge hinter der Scheibe sind nur zu erahnen. Zart schwebend, rätselhaft, diffus bewahren sie ihr Geheimnis. Im abgedunkelten Raum entfalten die Arbeiten eine besondere Aura. Dem Licht als Symbol für das Leben steht die Dunkelheit gegenüber.
Unser Leben – nur ein kurzes Aufleuchten und Verlöschen im All?